Das Thema „Wassercent“ ist aktuell in aller Munde. Aus diesem Grund ist es mir sehr wichtig, die Sichtweisen und Sorgen von uns, den Versorgern, einmal eingehend mit Ihnen zusammen, liebe Leserinnen und Leser, zu beleuchten.
Es gibt einige Argumente, die für die Einführung eines Wassercents sprechen, und es gibt viele Menschen, Parteien und Gruppierungen, die bereits verschiedene Aspekte zum Thema in den Medien erläutert haben.
Bei uns in der Achengruppe ist der Wasserpreis günstig – das liegt aber vor allem daran, dass wir hier in der Gegend einen großen Vorteil durch unsere Geologie haben. Wir haben einen artesischen Brunnen und auch je zwei Quellen und Saugbrunnen, die sehr viel Wasser liefern, ohne dass wir pumpen müssen und Strom dafür brauchen. Das ist schon eine Besonderheit welche fast einzigartig ist. Da wären die acht Cent, die für den Wassercent im Gespräch sind, für jeden Abnehmer, aber natürlich bei den großen Verbrauchern schon eine nennenswerte Steigerung. Da fällt mir mal wieder die Preisspirale ein, denn die Betriebe legen das natürlich wieder um und der Kunde zahlt schon wieder!
Aber ganz abgesehen von unserer regionalen Besonderheit geht´s mir ganz allgemein darum, dass man richtig analysiert, wer Trinkwasser nutzt, und in welchem Umfang. Wo wird wie viel Mineralwasser abgefüllt, wo wird Prozesswasser oder Kühlwasser benötigt, wie viel entnimmt die Landwirtschaft, und so weiter.
Und braucht es vielleicht eine Abstufung bei der Festlegung des Wassercents für die unterschiedlichen Grundwasser-User? Und man sollte sich auch ganz genau anschauen, wer die höchsten Gewinne mit seinen Wasserentnahmen erwirtschaftet. Wir als Versorger arbeiten ja ohne Gewinnabsicht, das ist nicht bei allen Grundwasserentnehmern so.
Wasser ist ein Allgemeingut, und es gibt einfach Strukturen, die holen sehr viel Wasser aus den Grundwasserkörpern heraus und zahlen nichts dafür. Und das sind nicht nur die bekannten Softdrink-Hersteller aus den USA.
Wir sollten also unbedingt nach Gemeinwohlorientiert und Gewinnerzielungsabsicht differenzieren. Außerdem stellen sich in Zusammenhang mit der möglichen Einführung eines Wassercents sehr viele, bisher unbeantwortete Fragen: Was bringt das für einen Verwaltungsaufwand mit sich? Und wer muss den Mehraufwand bewerkstelligen? Und welche Wassermenge dient als Bemessungsgrundlage? Die geförderte Menge, oder die verkaufte Menge? Wenn die acht Cent auf die geförderte Menge anfallen würden, dann müssten wir als Versorger auch die Wasserverluste mitzahlen, und die gibt es in jedem Leitungsnetz, selbst wenn dessen Zustand und Überwachung noch so optimal sein sollten. (Im Gegensatz dazu hat Wasser aus Flaschen kaum Wasserverluste, weil die Hersteller es ja im Gegensatz zu uns nicht über weite Strecken zu den Verbrauchern transportieren müssen.)
Wichtig ist in jedem Fall, dass wir eine allgemeine Akzeptanz für die Mehrkosten in der Bevölkerung schaffen. Die Leute müssen vorab verstehen, für was der von Ihnen getragene Mehraufwand verwendet wird und wohin das Geld fließt. Es kann nicht sein, dass damit Hochwasserschutzprojekte oder anderweitige Pflichtaufgaben des Landes finanziert werden. Einer Zweckentfremdung ist entschiedenen entgegenzutreten.
Außerdem möchte ich unbedingt noch auf die Problematik der Fernwasserversorgung eingehen. Hier möchte ich ein riesiges Fragezeichen setzen. Wasser ist nicht Strom! Das ist etwas ganz Anderes! Wir haben hier in Bayern rund 2200 Wasserversorger, die natürlich nicht alle untereinander verbunden sind. Und selbst wenn das so wäre: Man kann unterschiedliches Wasser nicht einfach mischen. Das kann katastrophale Auswirkungen haben. Wir haben hier in Bayern Brunnenwasser, Quellwasser, Wasser aus Talsperren und insgesamt aus vollkommen unterschiedlichen Regionen mit einer einhergehenden, abweichenden Wasserchemie. Ein vorab ungeprüftes Mischen kann sich z. B. auf den ph-Wert auswirken, auf die Hausinstallationen, auf die Rohrleitungssysteme, und so weiter (genau beschrieben wird das Thema im DVGW-Arbeitsblatt W 216). Schon bei benachbarten Versorgern kann das Probleme bereiten, denn nicht alle Wässer sind mischbar. Das ist wichtig zu wissen und zu bedenken!
Weiterhin ist mir wichtig zu betonen, dass der Wassercent auch überwiegend dahin zurückfließen sollte, wo er entrichtet worden ist. Es soll nicht so sein dass der ländliche Bereich die Zeche für die Versorgung der Großstädte und großen Gewerbeansiedlungen zahlt. Jeder Einzelne, d. h. die Bevölkerung zahlt die Mehrkosten über den Verbrauch oder dem indirekten Verbrauch, d. h. dem virtuellen Wasser, also sollten sie meiner Meinung nach auch einen Mehrwert davon haben. Die Menschen sollen spüren, dass sie auch etwas zurückbekommen von dem Geld. Greifbare und darstellbare Ergebnisse sollten auch beim örtlichen Versorger sichtbar werden.
Das ist wirklich ein entscheidender Punkt. Natürlich haben wir in Bayern Regionen mit Wassernot. Aber die Leute könnten sonst denken: „Was hab ich denn davon, wenn ich jetzt die trockenen Gebiete in Franken mit meinem Geld mitfinanziere?“ Natürlich wollen wir als Versorger keinen Egoismus fördern, aber auch unsere Abnehmer müssen vom Wassercent profitieren.
Der Wassercent soll auch dem Wasserschutz dienen. Und sauberes Trinkwasser bedeutet für mich den gesamten Weg des Wassers zu betrachten. D. h. von den Böden im Einzugsgebiet bis Ende Wasseruhr – und das ist wahrlich ein beachtlicher und weiter Weg, wenn alles stimmen muss. Ich möchte mit diesem Beitrag dafür plädieren, dass die Mehreinnahmen auch für die eigene Infrastruktur verwendet werden müssen.
Wasserschutz heißt ja auch, saubere Leitungen zu haben, saubere Brunnen, vielleicht sogar mal den ein oder anderen neuen Brunnen zu bauen, Hochbehälter zu sanieren, solche Dinge. Es gibt nach wie vor Versorger die investieren zum Teil wenig, ja zu wenig und haben meist genau deshalb unterfinanziert niedrige Wasserpreise, da sollte der Wassercent dringend zweckgebunden verwendet werden mit verpflichtendem Verwendungsnachweis. Sanierungsmaßnahmen und geringe Wasserverluste kommen ja auf einer Metaebene immer wieder uns allen zu Gute. Der Wassercent kann grade für die kleinen und sehr kleinen Versorger eine riesige Chance sein, wenn er richtig umgesetzt wird.
Zweckbindung und regionale Versorgungssicherheit und der Erhalt der kleinstrukturierten Wasserversorgung, diese Schlagworte sind mir ganz wichtig!
Ein weiteres wichtiges Thema sind die Wasserschutzgebiete: Da müssen wir unbedingt vorankommen. Auch dafür müssten die Mehreinnahmen anteilig aufgewendet werden.
Und nicht zuletzt müssen wir wieder zu mehr Grundwasserneubildung kommen. Wie schafft man Rückhalt von Regenwasser. Bei Starkregenereignissen fließt das in die Flüsse ab und weg ist es – das ist dramatisch! Hier braucht es Analysen, wo das Wasser am stärksten abfließt, wo sind noch alte Drainagen und teils nicht bekannte Kanäle im Boden, wie kann ich den Abfluss verlangsamen, wie kann ich Versickerungen fördern, und so weiter.
Das sind viele Fragen, die wir uns stellen müssen, und viele Aspekte, die wir unbedingt berücksichtigen müssen!
Mein Credo ist: „Wassercent nur, wenn er dem Allgemeinwohl dient und nicht zweckentfremdet wird.“ Nicht, dass wir da etwas schaffen, das am Ende nur einigen wenigen zu Gute kommt. Darüber brauchen wir einen gesamtbayerischen Austausch, wir müssen das auf eine Linie bringen, und die Wasserwirtschaft muss hier an einem Strang ziehen. Wir haben das in der jüngsten Vergangenheit schon einmal geschafft bei den Änderungsanträgen des Landesentwicklungsprogramms. Wenn wir Wasserer alle zusammenhalten, erreichen wir auch eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Und die ist ebenso wichtig für eine erfolgreiche Einführung einer zusätzlichen Abgabe.
Wir alle, Sie liebe Leserinnen und Leser, die breite Öffentlichkeit, und wir alle in der Wasserwirtschaft, wir dürfen uns da nicht auseinander dividieren lassen, das wäre das Allerschlimmste.
Der Wassercent muss der Sache dienlich sein. Dann haben wir die Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den Versorgern. Lassen Sie uns alle dafür geschlossen kämpfen.
Denn Wasser ist Leben.
Herzliche Grüße,
Ihr Wolfgang Grösch